Rush-Hour in Groningen

Am Morgen des 31.07.12 (Dienstag) sind wir um 08:50 Uhr abgefahren um rechtzeitig zur ersten Brückenöffnung um 09:00 Uhr vor Groningen zu kommen. Wir waren nicht die einzigen mit dieser Idee. Es war Rush-Hour. Wir hätten nicht gedacht, jemals in einen Rush-Hour mit dem Schiff zu kommen, aber in Holland ist so einiges möglich. Das hieß für Sven, dass er nun zu seinem Katamaran-Lehrgang kam. Denn er musste Felix immer schön auf Spur halten, da vor und hinter uns Schiffe waren, die ebenfalls die Brücken durch Groningen passieren wollten. Links und Rechts an der Hafenmauer waren weitere Schiffe festgemacht, sodass es manchmal wirklich eng wurde.

Die Fahrt durch Groningen war wunderschön. Es gab so viel zu sehen! Man fährt mitten durch die Stadt, und Hausboote der unterschiedlichsten Art lagen am Ufer. Eine traumhafte Kulisse.

Die folgende Tabelle führt nicht alle Brücken und Schleusen. Aber gibt doch einen Überblick, dass es viele waren. Allein am Dienstag waren es 31 Brücken und 3 Schleusen. Meine Hoffnung war bis Dokkum zu kommen, und wenn alles perfekt läuft sogar noch weiter. Das haben wir dann auch geschafft, doch am Ende leider notgedrungen. Es gibt immer wieder mitten auf den Kanälen Anlegestellen, doch diese waren alle belegt, also sind wir immer weiter gefahren. Damit haben wir es noch bis nach Leeuwarden geschafft und haben dort vor der Brücke festgemacht, die am nächsten Morgen um 09:00 Uhr wieder öffnen wird.

Ein „Highlight“ heute begab sich um 15:03 Uhr, als ich rechnend über den Karten saß. Plötzlich ruft Sven: Hier stimmt was nicht! Und ich höre nur, wie er die zweite Maschine anmacht. Ich dachte nur: hoffentlich ist die andere Maschine jetzt nicht gerade warum auch immer kaputt gegangen. Sven sagte mir dann, dass er keinen Schub mehr geben kann. Nach einem Blick auf den Tiefenmesser war dann eigentlich alles klar: Wir sind aufgesessen!! Zwar zeigte dieser noch 1,30 m an, allerdings ist dieser auf Salzwasser geeicht und der Messpunkt befindet sich am Backbord-Rumpf. Sven hat das Fahrwasser etwas zu sehr nach Steuerbord verlassen, so dass wir mit unserem Steuerbordbug auf Grund gelaufen sind. Durch den Einsatz beider Maschinen konnten wir uns aber rückwärts gut frei machen. Merke: in den holländischen Kanälen schön in der Mitte bleiben!

Bezahlt haben wir heute für die Brücken insgesamt 7,50 € mit zwei Bezahlvorgängen. Diese sind ganz lustig. Sven fährt langsam unter die Brücke und ich laufe mit passendem Geld aufs Vorschiff um dieses dann in den mir an einer Angel gereichten holländischen Holzschuh zu stecken! Was für ein Erlebnis!

Geplante Uhrzeit Wo? Tatsächliche Uhrzeit
08:50 Abfahrt vor Groningen 08:50
09:00 Osterhavenbrug 09:06
Weitere Brücken durch Groningen
10:15 Spoorbrug Um 09:55 an Spoorbrug, aber sehr lange Wartezeit mit 6 weiteren Schiffen –> 10:15
10:30 Pleiadenbrug 10:21
10:50 Zernikebrug 10:37
11:05 Dorkwerdersluis 11:05 Beginn Schleuse, 11:20 Ausfahrt
11:10 Platvoetbrug 11:21
11:20 Brug Wierumerschouw 11:32
Wetsingersluis 11:48
11:55 Brug Garnwed 12:01
13:00 Roodekaansebrug 12:56
13:45 Lammersburen 13:30
14:00 Yachthaven de Waterwolf (Tankstelle) 13:54 Abfahrt an Tankstelle (getankt: 120 l für 192 €)
14:30 Hornsingosluis 14:35
14:50 Reitdiepbrug 14:50
15:03 Sven sitzt auf!! Tiefenmesser sagt 1,30 m
17:15 Dokkumer Nieuwe Zijlen 16:50
17:45 Stientek 17:18
17:50 Schreiersbrug 17:55
Brücke Nr. 228 18:15 (kostet 5 €)
19:00 Klaarkampsterbrug 18:45
19:25 Van Steenhuizerbrug 19:10
Vor Eebrug (232b) 20:45

Wir sind in Holland

Um 09:15 Uhr am 30.07.12 sind wir dann in Delfzijl angekommen. Ich habe versucht den Hafenmeister zu finden, die Suche war aber zwecklos. Da wir sowieso bald in die „Staande Mastroute“ schleusen wollten, war uns das dann auch egal, wir hatten ja weder Strom noch Wasser und wollten nicht über Nacht bleiben. Ich habe mich dann mit dem Fahrrad auf in die Stadt gemacht um Kartenmaterial zu besorgen, das habe ich mir nicht so schwer vorgestellt. Nachdem ich mich ewig rumgefragt habe, wurde mir gesagt, dass ich da etwas weiter raus fahren muss, da würde ich ein Geschäft finden. Das Geschäft habe ich dann wiederrum nach mehreren Fragerunden gefunden. Leider erzählte mir die Dame dort, dass diese Karte ausverkauft sei, aber es gäbe in der Innenstadt noch eine Möglichkeit. Zum Glück hatte dieses Geschäft geöffnet, denn in Holland ist es wohl üblich, dass die Geschäfte montags geschlossen sind. Also zurück in die Stadt. Das beschriebene Geschäft war ein Tabakladen, aber was solls: fragen kann man ja mal. Und tatsächlich, das Geschäft betreibt eine weitere Filiale, ein paar Meter weiter, in dem sie Karten etc. verkaufen. Leider nur auf holländisch… Ich habe dann drei Broschüren/Karten für ca. 50 € gekauft und habe gehofft, dass schon irgendetwas dabei sein wird.

Bei jedem kurzen Warten an einer Theke fiel mir wieder die vorherige Nacht ein. Mir kam es vor, als ob ich immer noch auf einem Schiff bin und starke Bewegungen ausgleichen muss, außerdem war ich eigentlich sehr müde und gegessen hatten wir auch nicht viel. Ich war sehr froh, wieder mit den Karten zurück zum Schiff kommen zu können. Sven war zwischenzeitlich eingeschlafen, auch an ihm ging die Nacht nicht spurlos vorbei. Wir haben dann ca. 2 h Stunden geschlafen und dann haben wir uns um die weitere Navigation gekümmert. Am Anfang ist es etwas anstrengend sich im holländischen zurecht zu finden, doch mit der Zeit kann man es eigenltich ganz flüssig lesen und verstehen. Aus irgendeiner Sprache die wir (halbwegs) können (deutsch, englisch, französisch, latein) ist meistens auch die holländische Sprache aufgebaut. Unser Plan war, gegen 17:00 Uhr in Delfzijl aufzubrechen und noch so weit zu kommen wie es geht. Um 16:45 Uhr sind wir dann Richtung Schleuse gefahren. Die Schleuse war eng, aber es war alles viel angenehmer als im NOK, auch de Funkverkehr war bedeutend einfacher und vor allem auch freundlicher. Die Fahrt auf den Kanälen ist eigentlich unbeschreiblich. Man fährt mit seinem Segelschiff mitten durch die Landschaft und andauernd wird eine Brücke nur für einen geöffnet. Das ist schon irgendwie faszinierend. Vor jeder Brücke befindet sich immer ein Schild unter welchem Kanal die Brücke zu erreichen ist. Meistens sind auch Dalben vorhanden um sich festzumachen. An jeder Brücke ist ein Ampelsystem vorhanden, dass nicht wie im NOK wahllos blinkt und leuchted und man nicht weiß was es heißt, sondern die Lichterführung ist klar und eindeutig. Wenn man ankommt, ist die Ampel auf ROT, hat man seine Durchfahrt angekündigt oder wurde man vom Brückenwart gesehen, wurde die Ampel ROT-GRÜN. So konnte man sich also wieder in Position bringen, falls man zu sehr abgetrieben worden ist. Dann öffnet sich die Brücke und die Ampel springt auf GRÜN, sodass man passieren kann. Das alles funktioniert in ganz Holland absolut reibungslos und freundlich. Um 20:30 Uhr sind wir dann in Groningen angekommen. Wir haben noch vor dem Stadtzentum an einer Mauer festgemacht. An diesem Montag den 30.07.12 haben wir eine Schleuse und 5 Brücken passiert. Den Abend habe ich wieder damit verbracht unsere Route zu planen. Da ich gesehen habe, dass nicht jede Brücke immer geöffnet wird, war es recht schwierig genau vorherzusagen, wie weit wir es schaffen konnten.

Außerdem sollten wir uns solangsam auch entscheiden, wo im Ijsselmeer wir Felix lassen wollten um dort anzurufen und zu fragen, ob es denn nun wirklich möglich wäre. Ich hatte ja bereits im Vorfeld Angebote eingeholt, aber wir haben uns noch für keines entschieden. Nach langem Hin- und Herrechnen kam ich zu dem Ergebnis, dass wir Mittwoch Abend in Lemmer sein können. Dort haben wir uns für das Angebot von Ton Collin von BOATINN entschieden und wollten ihn dann am Dienstag anrufen.

Nachts auf der Nordsee

Die Nacht ging wie immer schnell vorbei. Das Wetter am 29.07.12 war in Ordnung, sodass wir um 10:15 Uhr Richtung Norderney ausgelaufen sind. Wir konnten dann noch richtig schön segeln und sind wirklich sehr gut voran gekommen. Ich habe weiter immer die Karten studiert und berechnet, wann wir ankommen, und mit welchen Strömungen und Wasserständen wir zu rechnen haben. Nachdem wir alles mehrfach gegengerechnet haben, war klar, dass wir durch einen Stop in Norderney nichts gewinnen. Wir wären nachts um 01:00 Uhr angekommen und hätten am nächsten Morgen mit einlaufendem Wasser nach Delfzjil gegen 06:00 Uhr aufbrechen müssen. Ich habe also gerechnet und gerechnet und schlussendlich haben wir uns dafür entschieden, die Nacht durchzufahren und am nächsten Morgen in Delfzjil einzulaufen. Doch bevor wir Holland anlaufen konnten, brauchen wir eine Holland-Gastlandflagge.Wir haben sie bisher nirgendwo bekommen, daher musste Sven noch eine Hollandflagge nähen. Zum Glück hatten wir eine Polen-Flagge und ein blaues Handtuch! Perfekt!

Wir sind auch wirklich sehr gut voran gekommen, der Sonnenuntergang war wunderschön, da wir fast Vollmond hatten, war die Sicht auch noch recht gut. Doch um so dunkler es wurde umso mehr komische „Dinge“ sind vor uns aufgetaucht. Zum Glück haben diese „Dinge“ auch irgendwann ihre Weihnachtsbaumbeleuchtung eingeschaltet und so konnte man auch dank Fernglas erkennen, dass in der Nordsee überall irgendwelche Arbeitsinseln rumliegen. Tagsüber haben wir solche nie gesehen.

Sven gestattete mir dann eine kleine Schlafpause, so habe ich zwischen 01:00 und 03:00 Uhr nicht mitbekommen, dass das Wetter immer schlechter wurde und Sven mit über 30 kn Wind zu kämpfen hatte. Zum Glück hatten wir das Großsegel rechtzeitig gerefft (wir haben das Groß noch als Stützsegel geführt), das wäre jetzt ein Spaß gewesen. Die ganze Nacht hatten wir auch immer unsere Schwimmwesten an und haben uns immer abgesichert. Es hat dann auch noch gewittert und die Blitze, die wir gesehen haben, waren wirklich beeindruckend, sie erleuchteten die finstre Nacht. Als ich aufgewacht bin, hatten wir „nur“ noch 18-24 kt. Aber die Wellen waren schon bis zu 2 m hoch, sodass wir doch ziemlich durchgeschüttelt worden sind, aber eigentlich ist im Schiff so gut wie alles an seinem Platz geblieben. Die Nacht war wirklich sehr dunkel, sodass Sven weiterhin am Steuer war und ich immer wieder Ausschau hielt nach Fischern, die immer zahlreicher um uns herum auftauchten und ständig ihre Richtung änderten, sowie nach befeuerten Tonnen, die ich in meiner Karte sah. Ich war doch erfreut, dass eigentlich alle wichtigen Tonnen so gut erkennbar waren. Wir haben uns dann noch für den weiteren Weg nach Delfzjil über das befeuerte Borkumer Fahrwasser entschieden. Die Abkürzung wäre vom Tiefgang kein Problem gewesen, doch waren dort einige unbeleuchtete Tonnen. Diese hätten wir in der dunklen Nacht niemals gesehen, und wenn, dann zu spät…

Den Sonnenaufgang sehnten wir beide herbei, vor allem auch, um endlich zu erkennen, was vor uns immer herumgefahren oder auch gestanden ist. Mit dem ersten Morgenlicht konnte man dann erkennen, dass es ein Schleppverband war (mit einer Bohrinsel), dieser hat uns nachts ziemlich auf Trab gehalten, weil er sich manchmal bewegt hat und manchmal absolut still stand…

In der Einfahrt nach Holland wurde es ruhiger, aber wir merkten auch, dass wir wirklich übermüdet waren und dass die Nacht sehr anstrengend war. Hätte ich den Bericht noch ohne zu schlafen geschrieben, wäre er bestimmt spektakulärer ausgefallen, aber im Nachhinein betrachtet erscheint alles Geschaffte immer weniger dramatisch.

Nordsee, wir kommen!

Am Morgen des 28.07.12 sind wir im strömenden Regen aufgewacht. Unsere Nachbarn haben bereits um 08:00 Uhr den Hafen verlassen. Mit unserem holländischen Nachbarn haben wir uns auf 09:00 Uhr Abfahrt Richtung Schleuse Brunsbüttel geeinigt. Um uns dann mit der Strömung nach Cuxhaven treiben zu lassen. Ich habe berechnet, dass ein Auslaufen bis 11:00 Uhr und im Notfall auch noch bis 11:30 Uhr möglich wäre, ohne die  volle Strömung gegenan zu bekommen. Der Regen war wirklich sehr stark und für die Nordsee waren Sturmboen vorhergesagt, sodass wir hin und her überlegten ob es Sinn macht auszulaufen. Wir entschieden uns erstmal dafür abzuwarten und weiter den Wetterbericht über UKW zu hören, der jede volle Stunde durchgesagt wird. Die Sturmwarnung für die Nordsee wurde abgeschwächt, der Himmel wurde wieder etwas freundlicher und so beschlossen wir gen Schleuse zu fahren.

Um 10:45 Uhr sind wir los gefahren. Wie immer hat Sven gesteuert und ich war für die Fender und Festmacher zuständig, doch da es gar nicht mehr so stark regnete wurde ich nur kaum nass. Nun war wieder mal eine deutsche Schleuse im NOK angesagt. Wir haben gesehen, dass eigentlich alle kleinen Schiffe zur alten Schleuse gefahren sind, das haben wir dann auch gemacht. Nun war die Schleusenkammer relativ groß und links und rechts an den glitschigen, total nedrigen Stegen war schon Boote festgemacht. Die Ampel war zwar auf grün, aber dank meiner „ German Gründlichkeit“ dachte ich, dass man natürlich fragen muss , wo man festmachen darf. Das habe ich dann auch brav gemacht. Leider war das wohl fehl am Platz. Denn auf die Frage wo wir festmachen sollen, erhielt ich nur ein: „Sind Sie blind???“ Dem Kerl an der Funkstation war es also scheiß egal wo wir festmachen, hauptsache wir fahren in die Kammer mit dem grünen Licht. Das darf man sich dann nicht zu Herzen nehmen, auch wenn es wirklich etwas schwer fällt. Denn schließlich wollte man ja alles richtig machen. Aber für alle, die auch vor haben auf dem NOK zu fahren hier unser Tip: Macht einfach was ihr wollt, fahrt dahin wo Platz ist und funkt niemanden an und kümmert euch um nichts. Und das mit der Bezahlung kann man sich wohl auch sparen, wie soll man denn irgendwo kontrolliert werden? Und dann kann man ja immer noch sagen, dass man als letzter in die Schleuse gekommen ist und einfach keine Zeit mehr war, zum Kiosk zu rennen um zu bezahlen.

Die Schleusung selbst war dann recht schnell erledigt. Als letzter kam dann noch unser holländischer Nachbar, diesmal längsseits zu uns. Sie haben sich doch noch entschieden, auch heute Richtung Cuxhaven zu fahren. Als wir aus der Schleuse ausfuhren, war das Wetter zwar nicht toll, aber auch nicht so schlecht, dass wir zu sehr durchgeschüttelt worden sind.

Die Fahrt nach Cuxhaven verlief im Prinzip reibungslos, aber erforderte doch unsere ganze Aufmerkmsamkeit, da wir uns ja im oder am Rande des Fahrwasser der „Großen“ befanden. Zum Glück war die Sicht gut, und geregnet hat es auch nicht mehr. Schon in Brunsbüttel haben wir beim Hafenmeister des Amerikahafens angerufen, um zu fragen, ob sie einen Platz für uns haben und ob sie eine Tankstelle haben. Und um natürlich einen sicheren Platz zu haben, damit wir Nils Eltern schon sagen konnten, wo sie uns finden werden. Eine Tankstelle gibt es im Amerikahafen leider nicht, so beschlossen wir im Yachthaven einen Tankstop an der 24h Tankstelle einzulegen. Die Strömung brachte uns ganz gut nach Cuxhaven, aber auch absolut quer unter voller Kraft beider Maschinen in die Hafeneinfahrt. Schon im Hafenhandbuch stand, dass in der schmalen Einfahrt gerne mal Strömungen bis zu 5 kt auftreten können. Ich denke die haben wir auch gespürt. Im Hafen selbst hieß es dann sofort vom Gas, da das Hafenbecken dagegen sehr ruhig war. Die Tankstelle war noch durch einen Briten belegt, der mir zu verstehen gab, dass die Tankstelle zwar funktioniert aber wir viel Zeit mitbringen sollten, da es nicht so einfach so, hier zu tanken. Nachdem die Briten die Tankstelle freigegeben haben, haben wir uns auf den Weg an den Tanksteg gemacht. Diesmal hat es nicht ganz so gut geklappt, sodass wir mehrere Anläufe gebraucht haben um endlich festmachen zu können. Aber wieder gab es nie eine kritische Situation. Es ist nur sehr schwierig Wind und ein bisschen Strömung richtig einzuschätzen, so landeten wir bei den ersten Versuchen einfach immer einen Meter vom Steg entfernt. Das Tanken selbst hat dann mit EC-Karte glücklicherweise sehr unkompliziert funktioniert. Auch die Sonne zeigte solangsam ihr Gesicht. Die Ausfahrt aus dem Yachthafen verlief wieder unter voller Kraft beider Maschinen, diesmal nicht ganz so quer. Ein Paar Meter weiter befindet sich dann die Einfahrt des Amerikahafens. Dort haben wir gegen 15:30 Uhr festgemacht. Am gleichen Steg waren auch wieder unsere holländischen Nachbarn aus Brunsbüttel mit ihrer „Anne Laura“. Nun kam die Sonne wirklich heraus, sodass wir erstmal den Wasseranschluss genutzt haben um Felix wieder etwas auf Vordermann zu bringen. Nach ein paar Stunden auf unruhiger See, sind alle Fenster voller Salz. Da wir durch diese Fenster schauen, wenn wir fahren und anlegen, sollten diese uns eine gute Sicht erlauben. Also wieder mal eine Runde rundrum Fenster putzen. Das ist das Manko, wenn man so viel Licht im Inneren haben möchte… Auch innen haben wir das Schiff nach dem Regen wieder aufgeklart, sodass es bald wieder gemütlich aussah. Während Sven dann das Abendessen vorbereitete, habe ich mich um die Navigation für die nächsten Tage gekümmert. Die Zeit drängte, wir wollten schließlich noch bis ins Ijsselmeer und hatten dafür nur noch eine Woche Zeit. Außerdem war das Wetter nicht gerade auf unserer Seite. Vor allem der Wind kam eigentlich immer aus der falschen Richtung: Genau von vorne! Ich habe alle Informationen hin und her gewälzt und bin zu dem Entschluss gekommen, dass es am meisten Sinn macht bis nach Norderney zu fahren. Sicher war ich mir damit nicht, da dies bedeutete, dass wir erst Nachts dort ankommen würden. Zu beachten war hierbei auch immer die Tide. Mit Strömungen gegenan sollte man nicht zu kämpfen haben! Unter leichter Verzweiflung und Unsicherheit was wir tun sollten, haben wir die „Anne Laura“ um Rat gefragt. Schon war der Holländer mit Karten bei uns. Und da er bereits wusste, dass wir ins Ijsselmeer wollten und etwas unter Zeitdruck standen, hat er uns empfohlen, die „Staande Mastroute“ zu nehmen. Das ist eine Route durch die holländischen Kanäle, die man mit stehendem Mast befahren kann, da alle auf dem Weg liegenden Brücken irgendwie geöffnet werden können. Das hörte sich schon mal sehr entspannt an, außerdem sparte es uns natürlich den Weg außenrum über die Nordsee. Bleibt die Frage, ob es sinnvoll ist, nach Norderney zu fahren. Zum Glück konnten wir hier von einem großen Erfahrungsschatz lernen, denn auch er hat diese Route bereits gemacht und meinte, dass es kein Problem sei noch vor Mitternacht in Norderney anzulegen, um dann am nächsten Tag bis nach Delfzijl zu kommen. Dort ist die Eingangsschleuse zu den Kanälen und dort können wir auch Karten für die Kanäle bekommen. Diese navigatorische Nachhilfe war sehr sehr hilfreich und wir sind sehr dankbar dafür. Doch danach rauchte mir wirklich der Kopf. Sven war die ganze Zeit damit beschäftigt zu kochen, und dann waren Nils Eltern und seine Schwester auch schon da. Nach einer kleinen Schiffsführung konnten wir dann alle noch schön gemütlich in der Abendsonne auf unserer schönen Terasse sitzen und das Essen genießen! Wir denken, dass unser süddeutscher Kartoffelsalat unseren norddeutschen Gästen gut geschmeckt hat!

Als unser Besuch wieder gegangen ist, haben wir uns nochmal die Route und das Wetter angeschaut. Und dann war klar: Abfahrt gegen 10:00 Uhr, spätestens 10:30 Uhr, damit wir mit dem auslaufenden Wasser auslaufen konnten.

Der NOK und wir

Am nächste Morgen, 27.07.12, Ablegen (nach Schrubben der beiden Anker, weil voll mit Lehm) um ca. 09:00 Uhr. Kaum halb aus der Ausfahrt Flemhuder See in den Kanal, beide Maschinen volle Kraft zurück, weil mal kurz ein Dickschiff um die Ecke kam. Dickschiff ist wörtlich zu verstehen (Tanker, Kreuzfahrtschiff etc. und um die Ecke ebenso, weil man aus der Ausfahrt kommen rein gar nichts sieht, und langsam sind die auch nicht gerade). Dann ruhiges Motoren den ganzen Tag. Alle 3 Stunden die Maschine gewechselt (unter Marschfahrt reicht eine Maschine, das Schiff läuft gute 5 kn bei 2000 Umdrehungen pro Minute). Um ca. 17:30 Uhr Ankunft Brunsbüttel am kleinen Hafen vor der Schleuse zur Nordsee. Der Hafen ist total überfüllt, wir legen uns längs an einen holländischen Motorsegler nach einer Hafendrehung „auf dem Teller“. Nach uns kommen immer noch mehr Yachten rein, längsseits an uns liegt jetzt noch einer. Hoffentlich machen das die Festmacher des Niederländers mit… Morgen früh dann Schleusen und dann Richtung Cuxhaven, wo wir uns mit Nils Eltern zum versprochenen Kartoffelsalat auf unserem Schiff treffen werden.

Wir sind im NOK!

Am Donnerstag, 26.07.12, dann Abfahrt Ortmühle Richtung Kiel Holtenau (Schleuse). Aufbruch wie immer um ca. 09:30 Uhr. Frühstück im Wohnzimmer mit allem wie auch zu Hause. Die „schlechte“ Am-Wind-Performance des Schiffes wird durch Wohnraum und Komfort überkompensiert. Ehrlich! Dann bei entspannten 12 kn Wind tolles Segeln in Richtung Kieler Bucht. Die Höhe am Wind reicht nicht ganz für den direkten Kurs, wir laufen so hoch am Wind, wie Blue Felix es uns gerade so erlaubt. Wir schaffen immer hin 45°, Monos laufen mit 30° an uns vorbei. Allerdings sind die Segelstellungen bereits bis zum Maximum optimiert, d.h. die Holepunkte der Genua und der Traveller für’s Groß.

Ankunft Holtenau dann am frühen Nachmittag. Mächtiges NOK Gedöhnse mit Seefunk mit der Schleuse und Lichter-Signalen, die der Mensch nicht versteht. Mehr als eine halbe Stunde vor der Schleuse in Warteposition verbracht (d.h. permanent bei Seitenwind die Stellung gehalten, also Kreise gefahren oder beide Maschinen gegeneinander gefahren, wie bei einer Raupensteuerung eines Panzers, um nicht abzudriften). Dann endlich Schleusen. Das geht so: keiner weiß, ob man jetzt reinfahren darf oder nicht, alle machen das, was der Vordermann tut. In der Schleuse dann Hektik pur. Festmacher und Fender klar. Es wird offensichtlich, dass die Fender 1 m tiefer gehängt werden müssen, da die „Stege“ in der Schleuse quasi „auf dem Boden“ sind. Anlegemanöver mit Blue Felix geglückt, aber grenzwertig. Sabine dann losgelaufen zum Kiosk, Schleusengebühr bezahlen. Das ist ein Fußmarsch von ca. 10 Minuten. Solange dauert dann das eigentliche Schleusen in etwa. Sabine mußte zurück rennen, da sie Schleusen bereits wieder geöffnet wurden (Anmerkung von Sabine: Dabei musste ich nicht nur entlang rennen, sondern auch eine ziemlich verrostete senkrechte in die Mauer eingelassene 2 m hohe Mauer zügig wieder runter klettern, um dann auf einem morschen Holzsteg zu landen, der alle paar Meter große Löcher hat.). Durch die Schleusenlautsprecher ertönte: „Der Katamaran mal Maggi in der Tank“. Haua. Besser und schneller hätten wir es nicht hinbekommen können. Vorbereitet waren wir auch, wir hatten sogar auf der Internetseite der Schleuse noch die Anweisungen runtergeladen und ausgedruckt dabei gehabt. Aber  weder das Prozedere (wie Anlegen, wo Fender hin, wo zahlen, wie lange das dauert, Lichterführung der Schleuse) hat gestimmt, noch war es beschrieben. Also beim nächsten Mal einfach drauf zukommen lassen…

Dann 15 km Fahrt unter Maschine bis Reede Flemhuder See, Ankunft gegen 19:00 Uhr. Das „Ankerfeld“ war ziemlich klein. Allerdings schon fast voll. Suchen uns einen „freien“ Platz und runter mit unserem 30 kg Buganker. Er hält natürlich nicht, da der Grund Schlamm mit Gras zu sein scheint. 3 m zurück, nochmals. Wir überprüfen den Halt des Ankers erst gar nicht mehr, da die Ankerketten aller anderer nur senkrecht nach unten hängen… Nach 10 min Ankerwache (also Beobachten der Position über die Ankerwachfunktion von OpenCPN) Heckanker auch noch runter. Dann lecker Pasta Schuta (Sabine in der Kombüse) und dann erschöpft in die Koje (d.h. Schlafzimmer mit Doppelbett).

Unruhige Nacht und Fahrt nach Fehmarn

Am Morgen des 24.07.12 gingen wir Anker auf und verließen unseren wunderschönen Ankerplatz. Da so gut wie kein Wind vorhergesagt war, stellten wir uns schon darauf ein, viel motoren zu müssen. Wir haben die Route deshalb und der vielleicht zu erwartenden wieder einkehrenden Seekrankheit nicht zu lang gewählt. Unser Ziel war wieder mal Gedser, wir wollten an der Ostküste ankern. Die Fahrt dorthin verlief reibungslos, meine Seekrankheit war wie weggeblasen. Kurz vor der Ankuft haben wir auch noch einen Schwarzwal (etwa in der Größe eines Delfins, nur etwas pummeliger und dunkler) gesehen, er ist ganz nah an uns heran geschwommen.

Die ruhige Anfahrt und der wenige Wind ließ uns erwartungsvoll den Anker in recht ruhigem Wasser fallen lassen. Am Abend gab es dann Bratkartoffeln und wir freuten uns auf eine ruhige Nacht. Dem war nur leider nicht so. Schon beim abendlichen Backgammon wurden wir ganz schön durchgeschüttelt. Da uns aber nicht schlecht wurde und der Anker hielt haben wir uns nichts dabei gedacht und sind geblieben. Umso dunkler es wurde, desto ungemütlicher wurde es allerdings auch für uns. Ein bisschen hat es uns dann auch noch abgetrieben, sodass an eine ruhige Nacht nicht zu denken war. Dauerhaftes Schlagen an die Bordwand hielt uns beide vom entspannten Schlafen ab. Sven hat die Ankerwache übernommen, und so konnte er gleich seine Ankerwachen-App testen. Diese funktionierte zum Glück auch prima, doch dennoch traut man so was ja dann doch nicht hundertprozentig. Am nächsten Morgen war vor allem Sven dementsprechend erschöpft und wir sind relativ schnell Anker auf gegangen. Was leider etwas länger gedauert hat, der Lehm in ca. 5 m Tiefe saß sehr fest am Anker. Leider war wieder nur sehr schwacher Wind vorausgesagt, sodass wir wieder damit rechneten nicht segeln zu können.

Am 25.07.12 haben wir uns also auf den Weg nach Fehmarn gemacht, genauer gesagt nach Ortmühle, was der „Vorhafen“ zum großen Hafen Heiligenhafen ist. Hier liegen wir nur an einem wunderschönen Sommerabend mit Blick auf den Sonnenuntergang an der Hafenmauer. Das Wasser ist eben, es ist windstill und man sieht nur noch ab und zu ein Schiff nach Heiligenhafen fahren.

Zum Abendessen gab es ein Schrimps-Risotto mit Salat, uns fehlt es an nichts. Ansonsten erwartet uns hier wirklich eine sehr ruhige Nacht. Das alles bekommen wir für 15 €, inklusive Strom, Wasser (haben wir aber noch genug von Barth), Duschen und Toiletten. Diese sind sauber und ordentlich. Zu erwähnen ist, dass wir in Zukunft gar nicht so sehr auf Landduschen angewiesen sind, vor allem vor Anker. Gestern haben wir das warme Wasser des ständigen Motorens für eine ausgiebige Decksdusche ausgenutzt. Wir haben warmes und kaltes Wasser, sodass man auf keinen Komfort verzichten muss. So geht es uns fast jeden Tag: Wir entdecken immer wieder etwas Neues an Blue Felix, was uns Freude bereitet.

Morgen wollen wir zum NOK aufbrechen. Eventuell lässt der Wind endlich mal wieder ein ruhiges Segeln zu. Unter Motor ist es zwar gar nicht so laut, aber schöner ist es natürlich trotzdem zu segeln. Je nachdem zu welcher Uhrzeit wir in Kiel Holtenau angekommen, müssen wir schauen ob wir morgen noch schleusen und gleich etwas durch den Kanal fahren können, oder ob wir die Nacht vor der Schleuse festmachen. Verproviantiert sind wir auf jeden Fall für die nächsten Tage. In 10 kfm (Sven hat die Einheit Klapp-Fahrrad-Minuten eingeführt) ist ein Lidl, sodass wir in nächster Zeit nicht hungern müssen.

MÜDE!

Die Nacht am Ankerplatz vor Darßer Ort war sehr entspannt und ruhig. Wir lagen alle sehr ruhig vor Anker, und das über die gesamte Nacht. Am nächsten Morgen haben wir dann beschlossen hier zu bleiben und uns ein bisschen auszuruhen. Das hatten wir wohl auch nötig, denn nach dem Frühstück und den ersten Putz- und Reparaturarbeiten haben wir wieder 2 Stunden geschlafen. Der Tag ging schnell vorbei. Am Abend gab es Eintopf mit Nudeln und wir haben die Route für den nächsten Tag geplant und sind wieder früh ins Bett. Der lange Tag unter Motor hat uns beide dann doch etwas Kraft gekostet.

Mir ist schlecht…

Am Sonntag waren die Wetteraussichten eigentlich gut. Das Barometer stieg immer weiter, d.h. der Regen der letzten Tage war wohl erst mal vorbei. Der Wind allerdings war aus Westen angesagt, was natürlich nicht ideal ist, aber da wir noch nicht abschätzen konnten wie hoch wir am Wind segeln konnten, kam es auf einen Versuch an. Schnell merkten wir zwar, dass wir höher am Wind segeln konnten als gedacht, doch dass das nicht ausreicht um sinnvoll nach Gedser in Dänemark zu kommen. So beschlossen wir den Nothafen Darßer Ort anzulaufen und das gegenan unter Motor. Leider habe ich davon nicht so viel mitbekommen. Als wir morgens gegen 09:00 Uhr aus Barhöft ausgelaufen sind, ging es mir blendend. Ich habe alle Fender und Festmacher verräumt und die Segel gesetzt. Doch umso näher wir der Ostsee entgegen kamen, umso mehr kamen Wellen auf, diese waren zwar überhaupt nicht hoch, allerding haben sie uns ganz schön durchgeschüttelt. Mich kann die Seekrankheit voll erwischt. Ich habe teilweise nicht mitbekommen, dass Sven allein eine Wende gefahren ist oder die Motoren gestartet hat. Ich lag auf unserer wunderschönen Terasse und habe einfach nur geschlafen. Dabei war mir auch überhaupt nicht schlecht. Doch als ich genau diesen Zustand ausnutzen wollte um in die Seekarte zu schauen, ging das ca. 30 Sekunden gut. Danach musste ich wieder hinliegen, nach ein paar Minuten hat sich mein Magen dann wieder beruhigt. Aber mitbekommen habe ich von meiner Umwelt gar nichts. Es ist kein gutes Gefühl zu wissen, dass man nichts machen kann um seine Körper zu kontrollieren. Aber ich hoffe, dass das mit der Zeit besser wird und ich mich an die Bewegungen gewöhne. Umso näher wir an den Nothafen Darßer Ort gekommen sind, umso besser ging es mir glücklicherweise. So konnte ich die Segel bergen und Fender und Festmacher vorbereiten. Der Hafen sollte nur im Notfall angelaufen werden, aber wir hatten ja einen: Mir war es speiübel… Doch umso näher wir gekommen sind umso komischer kam uns das hier alles vor. Durchs Fernglas konnten wir dann sehen, dass der Hafen eher eine Sandbank ist und auch mit einem kleinen Fähnchen gesperrt war. Da bereits ein anderes Segelschiff hier im Naturschutzgebiet Mecklenburg-Vorpommern geankert hat, haben wir uns auch fürs Ankern entschieden. Die Wassertiefe beträgt hier 3-6 m, was für uns kein Problem darstellt. Der Anker fiel, der Wind und die Wellen ließen nach und wir hatten einen wunderschönen und ruhigen Ankerplatz gefunden. Das Wetter ist toll, wir haben blauen Himmel bei abendlichen Temperaturen von 22°C.  Mittlerweile sind wir hier am Ankerplatz 4 Segelboote und es scheint eine ruhige Nacht zu werden.